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Arbeitgeber

Google-Check bei Bewerbern: Internetrecherche eine rechtliche Grauzone?

Bei der Personalauswahl ist die Internetrecherche praktisch und einfach. Sind via Google sowie auf Facebook, Xing, LinkedIn und Co. doch Informationen zu finden, die aufschlussreich sein können. Doch was ist erlaubt, wo liegt die Grenze?

16. Oktober 2015

Das Internet und die sozialen Netzwerke bieten Unmengen an persönlichen Informationen über Bewerber: Familienverhältnisse, Freunde und Netzwerke, persönliche Meinungen, Vorlieben, politische Einstellungen, Religion – und vielleicht Antworten auf Fragen, die man im Bewerbungsgespräch offiziell nicht stellen darf. In einer aktuellen Umfrage von Careerplus geben denn auch 43 Prozent der Befragten an, dass sie im Internet nach weiteren Informationen suchen.

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Grafik: White Paper "Der gläserne Kandidat", Careerplus AG

Davon rund 80 Prozent via Google, rund 90 Prozent auf Xing/LinkedIn und die Hälfte auf Facebook. Doch dürfen das die Personalverantwortlichen überhaupt?

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Grafik: White Paper "Der gläserne Kandidat", Careerplus AG

Eine Gratwanderung in drei Akten

Erstens: Bei der Internetrecherche bewegt man sich rechtlich auf heiklem Grund. Ausschlaggebend ist, ob die Daten öffentlich zugänglich sind und ob sie für das Arbeitsverhältnis relevant sind. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Hanspeter Thür erläutert die Sachlage: «Es besteht ein Unterschied zwischen öffentlich zugänglichen und passwortgeschützten Daten. Erstere können durch eine einfache Suche im Internet gefunden und der Arbeitgeberin unmöglich vorenthalten werden.»1 Das heisst: Die Recherche auf Profilen, die ohne Passwort zugänglich sind, ist rechtlich erlaubt. Doch ist die Sachlage nicht ganz einfach, wie die folgenden beiden kontroversen Aussagen zeigen. So meint Prof. Dr. Thomas Geiser von der Universität St. Gallen: «Meiner Meinung nach ist es zulässig, öffentliche Informationen, die im Internet zu finden sind, bei der Stellenbewerbung zu verwenden.» Dagegen hält Philipp Meier, Rechtsanwalt mit Spezialgebiet Arbeitsrecht: «Das Bewerber-Screening mittels Suchmaschinen wie Google wird als unzulässig eingestuft. Begründet wird dies in der Rechtslehre mit der fraglichen Arbeitsrelevanz der Suchresultate.»2

Zweitens: Rechtlich festgelegt ist laut Obligationenrecht (OR Art. 328b) Folgendes: «Der Arbeitgeber darf Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind.» Das bedeutet, dass die recherchierten Daten relevant für den Job sein müssen. Konkret: Ob eine Bewerberin schwanger ist, ist für einen Bürojob irrelevant. Bewirbt sie sich jedoch als Balletttänzerin, ist dies durchaus bedeutsam. Mit «bearbeiten» ist übrigens bereits das Suchen von persönlichen Daten gemeint.

Drittens: Weiter muss laut Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG, Art. 4–7) beachtet werden, dass die Daten rechtmässig beschafft und nur zum vorgegebenen Zweck bearbeitet werden und ausserdem die Bearbeitung für den Bewerber erkennbar sein muss. Sprich: Ohne das Wissen des Bewerbers darf keine Recherche vorgenommen werden. Daraus schliesst sich, dass die Konsultation von Xing und LinkedIn somit rechtens ist, da es ausdrücklich berufliche Netzwerke sind. Ausserdem sieht der Bewerber, wer auf seinem Profil war. Auf Facebook hingegen liegen private Daten, die nicht für berufliche Zwecke vorgesehen sind, und darüber hinaus ist nicht erkenntlich, ob jemand das Profil besucht hat.

Bewusstes Umgehen mit persönlichen Daten

Personalverantwortlichen ist also gut geraten, sich bei der Internetrecherche in Zurückhaltung zu üben und sich der Gratwanderung und der rechtlichen Grenzen bewusst zu sein. Am besten, man hält sich an das Motto «So wenig wie möglich, so viel wie nötig». Es ist aber auch an die Eigenverantwortung der Bewerber zu appellieren: Man sollte bei den privaten Accounts auf Facebook und Co. einerseits auf die Privatsphäreeinstellung achten und sich andererseits bewusst sein, dass das, was man postet, auch gesehen wird. HR-Verantwortliche sollten einen Kandidaten zumindest darüber informieren, wenn bei der Internetrecherche Informationen gefunden werden, welche die Selektion beeinflussen. Auch der Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür empfiehlt: «Stösst die Arbeitgeberin (sic!) bei Internet-Recherchen auf problematische Inhalte, sollte sie dem Kandidaten auf jeden Fall die Möglichkeit zur Stellungnahme geben.»2

1 Quelle: EDÖB Newsletter 01/2012, «Arbeitgeber-Recherchen in sozialen Netzwerken»
2 Quelle: HR Today, Mai 2015

Mehr Informationen zum Thema «Personalauswahl» finden Sie in unserem White Paper «Der gläserne Kandidat. Möglichkeiten und Grenzen bei der Personalauswahl». Hier kostenlos zum Herunterladen.

Serie «Tipps zur Personalauswahl»

Lesen Sie an dieser Stelle in zwei Wochen, woran Sie ein gutes Arbeitszeugnis erkennen und was es mit Codierungen heute noch auf sich hat.