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Kennzahlen im Recruiting: Das Rad nicht neu erfinden

Unzählige Recruiting-Methoden, noch mehr Kommunikationskanäle: Für Recruiter ist es zunehmend schwierig, die Wirkung ihrer Massnahmen nachzuvollziehen. Wie Controlling und Kennzahlen Licht ins Dunkel bringen, welche KPIs sinnvoll sind und wo die grössten Fehler liegen, erläutert Controlling-Expertin Fiona-Sophie Grube.

28. January 2020

Careerplus: Frau Grube, warum ist Controlling in der Rekrutierung wichtig?

Fiona-Sophie Grube: Grundsätzlich stellt Controlling die Fragen: Wie gut sind wir? Was können wir verbessern? Und wie können wir es verbessern? Kann ich diese drei Punkte beantworten, habe ich schon viel gewonnen. Ausserdem lassen sich Trends erkennen und Recruiting-Aktivitäten überwachen.

Wird das Messen im Recruiting in Zukunft wichtiger?

Heute ist es zentral, schnell zu sein. In den Zeiten von «Post and Pray» schaltete man eine Stellenanzeige und konnte nur abwarten. Dank der Digitalisierung gibt es heute viel mehr Kanäle, die diversifizierter sind und die wir viel genauer ansteuern können. Im Gegenzug müssen wir die Effektivität der Kanäle und Massnahmen überwachen und prüfen. Auch wird in einem Arbeitnehmermarkt die Zufriedenheit der Kandidaten immer wichtiger, was sich ebenfalls messen lässt.

Welche Tipps haben Sie für Controlling-Neulinge?

Das Wichtigste: Setzen Sie sich verständliche und eindeutige Ziele. Was genau wollen Sie messen? Erheben Sie zudem den Status quo. Nur so erhalten Sie vergleichende Werte, aus denen sich Schlüsse ziehen lassen. Zweitens: Wählen Sie aufgrund der Ziele die Leistungskennzahlen (KPI, Key Performance Indicators) aus, mit denen sie messen möchten. Definieren Sie diese von Beginn an eindeutig. Bei der Time-to-hire muss beispielsweise klar sein, ob Sie in Wochentagen oder Arbeitswochen messen. Der dritte wichtige Punkt: Nur bei gleichbleibender Kennzahlendefinition erhalten Sie sinnvolle Vergleichswerte. Überprüfen Sie nach einem halben bis ganzen Jahr die KPIs auf Mehrwert und Relevanz. Vielleicht stellen Sie dann fest, dass Ihnen an einem Punkt etwas fehlt oder ein KPI kaum relevante Einsichten bringt. Dann können Sie ein neues KPI hinzufügen und ein anderes streichen.

Was empfehlen Sie Unternehmen mit beschränkten Mitteln und Ressourcen?

Mein persönlicher Tipp für KMU: Das Rad nicht neu erfinden, sondern zuerst prüfen, welche Zahlen sich ohne grossen zusätzlichen Aufwand erheben lassen. Vielleicht liefert bereits das eigene Bewerbermanagementsystem nützliche Zahlen. Es gibt auch Plattformen für Onlinereporting, die nicht schlecht sind. Am einfachsten ist es aber, sich auf die eigenen Zahlen zu verlassen.

Wie finde ich die für mein Unternehmen passenden KPIs?

Das ist sehr individuell und kommt auf die Ziele und Mittel des Unternehmens an. Mit der Zeit lernt man, was für das Unternehmen sinnvoll ist und was weniger. Es muss ja nicht alles von Beginn an in Stein gemeisselt sein. Die grundlegenden KPIs sind Time-to-hire, Cost-per-hire, Source-of-hire – also über welche Medien oder Aktionen die Bewerbungen eintreffen – sowie die Zufriedenheit aller Beteiligten mit dem Rekrutierungsprozess und die Qualität der Neueinstellung. Letzteres ist am einfachsten mit der Probezeitrate zu erheben.

Was sind die grössten Fehler beim Controlling?

Eine zu eindimensionale Messung. Mit KPIs nimmt man eine gewisse Abstraktion in Kauf. Darum ist es wichtig, verschiedene Blickwinkel einzunehmen. Es gilt, mindestens drei von vier Dimensionen zu berücksichtigen. Erstens: die Qualität der Rekrutierung. Ist die richtige Person am richtigen Ort? Zweitens: die Geschwindigkeit. Wie lange braucht es, bis eine Stelle besetzt ist? Drittens: Wie gut ist der Prozess? Und viertens: Stimmen die Kosten? Würde man etwa nur die Geschwindigkeit messen, wäre das zu einseitig. Nur weil ein Rekrutierungsprozess schneller ist, ist er noch lange nicht besser.

Daten sammeln allein reicht nicht aus. Wie kommt man zu einer Aussage?

Daten werden erst dann aussagekräftig, wenn man sie in ein Verhältnis setzt. Vergleichswerte können eigene, definierte Ziele sein oder Benchmarks aus dem Markt. Wenn es etwa in einem Bereich üblich ist, rund vier Kandidaten zu interviewen, ein Unternehmen aber grundsätzlich zehn Kandidaten interviewt, sollte es den Prozess überdenken. Dabei müssen die Ziele oder Benchmarks von Beginn an klar sein. Ausserdem sollten die Daten regelmässig erhoben und ausgewertet werden.

Recruiter reagieren noch zögerlich auf Controlling. Können Sie sich das erklären?

Ich beobachte in meiner Funktion manchmal, dass Unternehmen KPIs definieren, an die sie technisch nur schwer herankommen. Sind es zu viele KPIs und ist die Auswertung hochkomplex, verlieren die Leute die Lust daran. Das schafft Frust statt Motivation. Ein weiterer grosser Fehler: die Akzeptanz für die Veränderung nicht zu schaffen. Veränderungen können Verunsicherung auslösen. Deshalb ist es wichtig, die Recruiter ins Boot zu holen und klarzumachen, dass es nicht darum geht, ihre Arbeit zu kontrollieren. Sondern darum, gemeinsam das Ergebnis zu verbessern.

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Interview

Fiona-Sophie Grube leitet bei Serendi, einem Tochterunternehmen von Careerplus, den Bereich Solution Design und Talent Advisory. In dieser Funktion zeichnet sie sich für die Erarbeitung von unternehmensspezifischen Rekrutierungslösungen für zahlreiche Unternehmen aus. Serendi bietet Rekrutierungslösungen und Talent Acquisition vom End-to-End-Prozess über Talent Sourcing bis hin zum Project Recruitment.