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Arbeitgeber

Assessment: Kandidaten objektiv testen

Assessments erlauben eine objektive Beurteilung von Kandidaten und erhöhen so die Sicherheit von Personalentscheiden. Erfahren Sie in unserem Blog, welche Assessments und Tools es gibt und wofür Sie diese einsetzen können. Careerplus-HR-Spezialistin Noelia Pedreira Fellay verrät Ihnen zudem, wann ein Assessment sinnvoll ist und wie Sie es erfolgreich einsetzen.

04. April 2018

Bei Personalentscheiden setzen Unternehmen vermehrt auf Assessments. 47 Prozent der Befragten einer Careerplus-Umfrage gaben an, Assessments bei der Beurteilung von Kandidaten zu verwenden. Um die Objektivität von Personalentscheiden zu erhöhen und die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheiden zu verringern, nehmen Firmen auch höhere finanzielle und zeitliche Aufwände in Kauf. Mittels Assessments gewinnen potenzielle Arbeitgeber Aufschluss über Stärken und Schwächen sowie Sozial-, Selbsteinschätzungs- und Führungskompetenzen eines Kandidaten. Geprüft werden beispielsweise Teamfähigkeit, Kritik- und Konfliktfähigkeit, Selbständigkeit, Durchsetzungsvermögen oder unternehmerisches Denken. «Mit unterschiedlichen Tools können wir die Fähigkeiten von Kandidaten aus ganz verschiedenen Perspektiven beleuchten», erklärt Noelia Pedreira Fellay, HR-Spezialistin bei Careerplus. Im Idealfall würden mehrere neutrale Beobachter die Untersuchungen durchführen und ihre Einschätzungen miteinander vergleichen. «Bei internen Assessments kommen diese Beobachter idealerweise aus verschiedenen Abteilungen.»

Mit diesen Instrumenten prüfen Sie Ihre Kandidaten

Die Art des Assessments hängt stark von dessen Ziel ab. Als Instrument zur Personalauswahl hat sich das Einzel- oder Selektionsassessment bewährt. Zur Standortbestimmung und zur Weiterentwicklung von Mitarbeitenden eignen sich Gruppen- oder Förderassessments. Letztere beispielsweise in Form von Rollenspielen, Gruppendiskussionen oder Präsentationen. In der Personalauswahl kommt das Einzelassessment am häufigsten zum Einsatz. Auch Careerplus nutzt diese Form für die Beurteilung von Bewerbern. Dabei werden insgesamt vier verschiedene Tools verwendet. «Die Kombination unterschiedlicher Herangehensweisen liefert die aussagekräftigsten Resultate», sagt Noelia Pedreira Fellay.

Kompetenzbasiertes Interview

Als erstes Instrument kommt beim Einzelassessment das sogenannte Competency Based Interview (CBI) zum Einsatz. Wie der Name sagt, stehen hier die Kompetenzen des Kandidaten im Zentrum. Beim CBI wird aus vergangenem Verhalten auf künftige Leistungen eines Kandidaten geschlossen. Denn: «Wie ein Kandidat in der Vergangenheit in spezifischen Situationen reagiert hat, verrät viel darüber, wie er künftig mit ähnlichen Situationen umgehen wird», so Noelia Pedreira Fellay. Dazu bieten sich folgende Fragen an: Wie haben Sie Ihr Team durch ein schwieriges Projekt geführt? Welche Projekte haben Sie als letzte von sich aus initiiert? Wie haben Sie Arbeitskollegen für unbeliebte Projekte und Aufgaben motiviert? Wann haben Sie im Arbeitsalltag zuletzt Ihre Teamfähigkeit beweisen können? Die Fragen werden so gestellt, dass der Kandidat möglichst präzise antworten muss.

Persönlichkeitstest

Persönlichkeitstests liefern zusätzliche Informationen, die einen Eindruck aus dem Interview bestätigen oder korrigieren können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Persönlichkeitsmerkmale zu testen. Ein bewährtes Instrument ist das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung – kurz BIP. Mithilfe des psychologischen Testverfahrens wird ein Profil erstellt, welches Informationen zum Arbeitsverhalten, zur beruflichen Orientierung, zur sozialen Kompetenz und zur psychischen Konstitution des Kandidaten beinhaltet. «Das BIP gibt etwa Aufschluss über Gewissenhaftigkeit, Leistungsmotivation, Sensitivität, Durchsetzungsvermögen, Selbstbewusstsein oder Teamorientierung eines Kandidaten», sagt Noelia Pedreira Fellay. Da die Interpretation der Ergebnisse ein gewisses Know-how verlangt, empfiehlt Careerplus, externe Hilfe beizuziehen.

Rollenspiel

Das Rollenspiel ist ein weiteres zentrales Element in einem Assessment. Die meisten Assessment-Center setzen hier auf die sogenannte Postkorbübung. Dabei müssen Kandidaten innerhalb einer bestimmten Zeit eine Vielzahl an Informationen und Aufgaben durchsehen und priorisieren. In dieser praxisnahen Übung lässt sich das Verhalten des Kandidaten in einer Stresssituation und unter Zeitdruck direkt beobachten. Oft stammen die Informationen und Aufgaben aus einem branchenfremden Kontext. «Das erlaubt uns, neben der Stressresistenz, dem analytischen Denken, der Entscheidungsfähigkeit und der Arbeitsorganisation auch das Verhalten des Kandidaten in Situationen ausserhalb seiner Komfortzone zu prüfen», erklärt Pedreira Fellay. Speziell für Führungspositionen bietet sich ein Rollenspiel in Form eines Mitarbeitergesprächs an. «Wie eine Person während eines heiklen Gesprächs mit ihrem Gegenüber umgeht, sagt viel über ihren Führungsstil aus.»

Selbsteinschätzung

Zu guter Letzt soll sich der Kandidat selbst einschätzen. Er wird gebeten, auf einer Skala die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen festzulegen. Wie realistisch ist die Selbstwahrnehmung? Nach Abschluss des Assessments vergleichen die Beobachter das Selbstbild mit dem Fremdbild.

Nachgefragt mit Noelia Pedreira Fellay

Worauf muss der Arbeitgeber achten, damit das Assessment gelingt?

Arbeitgeber sollten sich vor dem Assessment genau überlegen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen für sie relevant sind und welche sie beim Assessment testen möchten. Dabei sollten sie immer das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle beiziehen. Je präziser die Anforderungsanalyse, desto zuverlässiger die Ergebnisse. Bei einem internen Assessment sind im Idealfall mehrere Beobachter beteiligt. Sie können ihre Einschätzungen miteinander vergleichen und so die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Beurteilung erhöhen. Im Zweifelsfall aber lohnt es sich, ein Assessment bei einem externen Anbieter durchzuführen. Eine Liste mit zertifizierten Anbietern führt das Kompetenzzentrum Swiss Assessment.

Für welche Positionen ist ein Assessment sinnvoll?

Ein Assessment lohnt sich vor allem bei der Besetzung von Fach- und Führungspositionen, die hohe Anforderungen an die Kompetenzen und die Persönlichkeit eines Bewerbers stellen. Also bei Rekrutierungen für Stellen mit Verantwortung, bei Anstellungen oder Beförderungen in schwierigen Teamsituationen – etwa nach einer Fusion – oder bei der Besetzung klassischer Führungspositionen.

Wann im Anstellungsprozess wird ein Assessment eingesetzt?

Ein Assessment wird idealerweise erst ganz am Schluss des Rekrutierungsprozesses durchgeführt. Nachdem die fachliche Eignung überprüft worden ist, werden beim Assessment vor allem Soft Skills getestet.

Welche Vorteile bieten Assessments?

Assessments ermöglichen durch die direkte Beobachtung des Verhaltens einen detailreichen Einblick in die Kompetenzen und Eigenschaften eines Bewerbers und kombinieren durch den Einsatz mehrerer Beobachter verschiedene Sichtweisen. Daraus ergeben sich wertvolle Empfehlungen für die Einarbeitung und Weiterentwicklung von Fachkräften. Darüber hinaus geniessen Assessments in der Rekrutierungsbranche grundsätzlich eine hohe Akzeptanz.

Gibt es auch negative Punkte?

Die Entwicklung der Übungen, die Schulung von Beobachtern und die Durchführung der Assessments verursachen einen hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand. Ein halbtägiges Assessment kostet rund 3000 Franken, mehrtägige Assessments dann um einiges mehr.